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Renaturiert



Es ist vollbracht. Das Bächlein wieder freigelegt. Jahrzehntelang fristete es ein Leben im Reich des Hades, unsichtbar für Mensch und Tier. Wertlos. Ein Abfluss bloss, eine namenlose unterirdische Entwässerung in ein Rohr gezwängt.

Nach mehrmonatiger Umgestaltung, schlängelt es sich neuerdings durch einen etwa 20 Meter breiten und gut 400 Meter langen Korridor, inmitten von Äckern, Wiesen und Weiden, flankiert von Lebensinseln für allerlei Getier. Für Molche, Salamander, Kröten, Nattern, Blindschleichen, um nur einige zu nennen (siehe Bilder unten). Sie sind hübsch anzusehen, diese fast kunstvoll hindrapierten Stein- und Holzhaufen. Noch stehen sie etwas nackt in der Landschaft, aber schon bald werden die entlang dem Bachlauf gepflanzten Gräserarten zu spriessen, die locker verteilten Kopfweiden austreiben und die steingartentauglichen Blumen zu blühen beginnen. Das wird eine Pracht diesen Sommer, da bin ich mir sicher. Und wer weiss, vielleicht kommen einst sogar Fische und Köcherfliegen zurück.

Ein zur Augenweide gewordenes Biotop, das sich von einer zum Bauabschluss platzierten Bank bestens überblicken lässt. Die in dessen Rücken (Südseite) gepflanzte Eiche wird dereinst willkommenen Schatten spenden.

 

Auf dieser Bank sitze ich nun mit geweitetem Herzen und lasse meine Gedanken schweifen, begleitet von einer gewissen Faszination und dem Gefühl der Dankbarkeit, denn was sich vor mir ausbreitet ist beileibe keine Selbstverständlichkeit. Vieles musste zusammenpassen. Naturschutzverbände als Impulsgeber, eine Bäuerin, die willens war Land abzutreten, Gemeinde und Kanton welche letztlich die Kredite sprachen. Steuergelder natürlich und bestimmt nicht wenig.

 

Aber die Sache ist es durchaus wert. Ist es denn nicht ein erhebendes Gefühl, in einem Land leben zu dürfen, in dem der Wille und die Mittel vorhanden sind, einstige Umweltsünden wieder rückgängig zu machen? Einem Land mit Behörden und Institutionen, welche im Dienst und zum Wohle der Bevölkerung tätig sind und nicht umgekehrt. Wo sonst gibt es das in solcher Güte und Konsequenz?

 

Ich frage mich, wie das ein der in Mode gekommenen Staatsverweigerer empfinden würde, sässe er jetzt neben mir. Hätte er die gleiche ungetrübte Freude an dem gelungenen Werk wie ich, oder wäre er eher wortkarg und verschlossen, infolge schlechtem Gewissen, da er sich ja weigert Steuern zu bezahlen? Wüsste er die vielen Vorzüge unseres Landes überhaupt zu schätzen, welche letztlich mit Steuergeldern finanziert werden? Oder würde er mich schelmisch belächeln, da er doch alles gratis hat?

Wäre einem solchen Mitbürger überhaupt bewusst, was damit alles berappt wird? Steuern notabene, die im internationalen Vergleich auf bemerkenswert tiefem Niveau liegen. Müssig es aufzuzählen. Jedefrau weiss darum und auch um die Qualität und Unbestechlichkeit unserer Verwaltung.

In keinem anderen Land der Welt fährt ein pünktliches Postauto bis ins abgelegenste Kaff, oder habe ich innerhalb 48 Stunden eine neue Identitätskarte. Nirgends wo sonst wo sonst werde ich an einem Amtsschalter freundlich und zielführend bedient. Von Sicherheit und Wahlmöglichkeit gar nicht zu sprechen.

 

Wir alle leben im Paradies, verdammt nochmal, und dennoch gibt es Leute, die sich mit ihrem roten Passe den Hintern wischen. Mir absolut unverständlich. Nicht nachvollziehbar.

Verwöhnte Gören würde mein Grossvater sagen, ab nach Sibirien mit ihnen. Aber auch da wären Steuern fällig und würden bei Nichtentrichtung wohl ohne langes Fackeln mit Gulag bestraft. Das weiss Genosse Staatsverweigerer bestimmt und bleibt lieber hier, wo er sich noch jahrelang durch die Gerichtsinstanzen mogeln und unser humanistisches System pervertieren kann.

 

Neben mich auf die Bank bräuchte er sich nicht zu setzen. Da bekäme er garantiert sein Fett weg und hätte es darüber hinaus auch gar nicht verdient, das hiesige Bänklein. Ich habe munkeln gehört, dass für Leute wie ihn, gebührenpflichtige Bänke am Rande der Klärbecken im Werdhölzli geplant sind. Fragt sich bloss, ob er auch selbständig dahin findet. ;-)


Foto oben: Neues Leben auf Totholz / Provençe (F) Juli 2018








Blühender Nachtrag, 16. Mai 2024:


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