- Wir geniessen herrliches Wetter hier oben.
- Was war das doch wieder ein herrlicher Abend bei Huber’s.
- Das Meer ist herrlich warm.
- Herrlich, dieser Sonnenuntergang
Herrlich, fest verankert in meinem Sprachgebrauch. Doch jedes Mal, wenn ich einer meiner Freundinnen interaktiv von meinem Glück berichten will, bekommen meine Daumen Schreibhemmungen. Neuerdings und explizit wenn ich an jene schreiben möchte, von der ich weiss, dass sie in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt.
Herrlich. Verdammt, was für ein alter Zopf. Klingt nach K.u.K., männlichem Machtanspruch und Grzimek’s Tierleben, in dem alle Männchen herrlich farbig oder anderweitig ein Hingucker sind.
Verkehrte Welt, geben wir Frauen uns doch alle erdenkliche Mühe den Spiess umzudrehen.
Frauenrechtlerinnen, Gleichstellungsbeauftragten und LGBTQ’s sowieso, müssen ja die Haare zu Berge stehen beim Lesen dieses männlich besetzten Adjektivs.
Alle Welt ist am gendern, mit oder ohne Stern. Da kann ich doch nicht mit herrlich kommen und darauf sensibilisierte Menschen vor den Kopf stossen. Nein, ich muss an mir arbeiten und eine Lösung, einen adäquaten Ersatz finden. Und ich bin auch schon fündig geworden:
- Wir geniessen wunderschönes Wetter hier oben.
- Was war das doch wieder ein wunderschöner Abend bei Huber’s.
- Das Meer ist wunderbar warm
- Wunderschön dieser Sonnenaufgang.
Ich bin nicht zufrieden, nicht recht glücklich damit. Wunderschön und wunderbar klingt so kitschig, irgendwie Barbie mässig, nach heiler Welt in rosa. Was sollen denn meine männlichen Kollegen denken, wenn ich alternativlos dauernd von wunderschönen Zuständen schwafle? Die denken bestimmt, die hat einen Sprung in der Schüssel, nicht alle Tassen im Schrank.
Nicht wirklich erstrebenswert. Das kann es nicht sein!
Ich sollte mit dem Zeitgeist gehen und Gerechtigkeit walten lassen. Parität zwischen den Geschlechtern!
Folglich überlege ich mir: Was ist denn das weibliche Pendant zu Herrlich? Wie kann ich der Gleichstellung Genüge tun?
Dann endlich die Erleuchtung. Und erst noch so naheliegend. Weshalb bloss bin ich nicht schon früher darauf gekommen?
Künftig werde ich schreiben:
- Was war das doch wieder ein dämlicher Abend bei Huber’s.
- Nach dieser Bindegewebemassage fühle ich mich einfach dämlich.
- Was für dämliche Aussichten.
- Wie dämlich ist das denn?
Oder sollte ich besser nochmals in mich gehen? Zur Klärung vielleicht mit Alice Schwarzer sprechen?
Fotos: Eiszeit auf der Halbinsel Au / 18. Februar 2018
Toller Beitrag und witzig geschrieben. Ist mir selbst noch gar nie aufgefallen.
Grüsse Erika