Gerne wie?
Gerne was?
Gerne geschehen. Das war einmal und gar noch nicht so lange her.
Bekam man Dank für eine Leistung oder Etwaszuliebetun, sagte man reflexartig: Gerne geschehen, oder gern gscheh in Mundart. Landauf, landab. Ein kleiner, vollwertiger Satz.
Was war ich konsterniert, als ich erstmals mit einem knappen Gerne abgespiesen wurde. Gerne was?
Ich muss die Servicefachfrau aus deutschen Landen ziemlich entgeistert angesehen haben, in Erwartung des Geschehen.
Fehlanzeige. Es blieb bei gerne und weg war sie. Und ich leicht verdattert ob des unvollständigen Satzes.
Tage später, beim erneuten Besuch eines Restaurants, das tupfengleiche Szenario. Auch diesmal musste ich das gewisse Etwas zu meinem Seelenheil vermissen. Kurz und knapp, wohl eine deutsche Eigenart, kam ich zum Schluss.
Das Geschehen verabschiedete sich in der Zwischenzeit galoppierend. Kaum ein Jahr verging und es war um das Geschehen geschehen. In den Gaststätten, den Warenhäusern, den Büros. Sogar in meiner Strasse bekam ich meist nur noch ein Gerne.
Ungerne. Das nackte Gerne hat sich etabliert.
Ähnliches Unbehagen empfinde ich hinsichtlich des sich gewandelten Begrüssungsrituals.
Guten Morgen, Guten Abend, Grüezi mitenand, Sali, Hoi, war das was ich gewohnt war, was ich schätzte.
Tempi passati.
Ich muss mich neuerdings mit einem Hallo zufriedengeben. Reduced to the max, ganz dem Zeitgeist entsprechend und der Tribut an die Globalisierung. Hallo kannst du jeder sagen, wo auch immer sie herkommen möge und du wirst verstanden.
Ein Hallo von einem Amerikaner, einer Chinesin, einem Nigerianer oder Grönländerin, ist mir eine Selbstverständlichkeit, aber wenn mich eine Nachbarin, eine Arbeitskollegin mit einem Hallo begrüsst, habe ich ein Problem. Das ist Einheitsbrei und grenzt schon fast an Mundfaulheit.
Gehe ich wandern oder velofahren, schallt das Echo Hallo, obwohl ich etwas anderes gerufen habe. Schade. Bieten doch unsere Dialekte eine Vielzahl an Alternativen, die offenbar daran sind zu verkümmern. Das Hallo wirkt hart, unpersönlich. Eher abweisend denn willkommnend.
Soll mir nur ja niemand sagen, Schweizerdeutsch sei keine blumige Sprache. Es wäre durchaus eine dialektische Renaissance fällig.
Bild: Verschneiter Güllenschlauch Nahe Sitzberg (ZH) Januar 2024
Alle Fotos: Wintertage zwischen Sitzberg und Hörnli (ZH) im Januar 2024
Comments