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Englischkurs für SchokoladenliebhaberInnen



Freude herrscht! Da bringt mir doch ein guter Freund, im Wissen um meine Schokoladensucht, als Gastgeschenk eine Kurpackung Schoggistängel. 50 Stück in gelbe, grüne, blaue und rote Folie gehüllt. Insgesamt 1350 Gramm, verpackt in einer roten Schachtel mit perforierter Aufreisslasche.

 

Die Branches der MIGROS-Tochter Chocolat FREY sind wie die Seehund-Glacés Kult. Die Haselnusscrème-Füllung ein Gedicht. Zu Kinderzeiten war ein Stück Brot zusammen mit einem Branschli, wie wir es nannten, das Zvieri-Nonplusultra. Das FREY-Branschli ein Kulturgut und bestimmt schon über ein halbes Jahrhundert im Amt. Seit einer Ewigkeit unverändert (gut).

 

Umso grösser mein Erstaunen, als ich über dem Schriftzug ,Branches’ plötzlich das englische Wort MILK entdeckte. Nicht Milch, nein, Milk. Hoppla, die sind wohl für den englischsprachigen Markt produziert, denke ich im ersten Augenblick. Dieser Zusatz ist mir neu.

Doch weit gefehlt, wie meine Nachforschungen ergeben. Jene mit schwarzer Schokolade heissen neuerdings DARK BRANCHES, diejenigen mit Mandelanteil ALMOND BRANCHES. Und bei jenen mit Milchschokolade, ersetzte man das Classic durch Milk.

Klammheimlich wurden die einst französischen Bezeichnungen durch englische Begriffe ersetzt. Aus den CLASSIC BRANCHES NOIR sind DARK BRANCHES geworden. Die Sorte Amande, Almond.

 

Die originale Branche wurde im Jahr 1896 in Rezeptbüchern erstmals erwähnt und seit 1904 stellt CAILLER eigene Branches her. Aus dieser Zeit stammt die französische Benennung für das in Deutsch sprechenden Gegenden liebevoll Branschli, oder auch schlicht Schoggistängeli genannte Produkt, welches die meisten der Schokoladenhersteller heute im Sortiment führen.

 

Übersetzt bedeutet ,Branche’ Zweig und in der Mehrzahl (Branches) Geäst. Letzteres genauso im englischen Sprachgebrauch. Das dürfte für die MIGROS-Verantwortlichen der Angelpunkt gewesen sein, um die französischen Bezeichnungen zu eliminieren. Gedacht wohl als Kniefall vor dem stetig wachsenden Publikum englischer Zunge. Zum Nachteil einer unserer Landessprachen notabene. Der Charme der Branches ging dadurch verloren. Ein Kollateralschaden mehr.

Wirklich gelungen ist ihnen die Metamorphose allerdings nicht. Ein Lacher sind die MIDI MILK BRANCHES. Die ,Halbgrossen’, mi gros. Ein Mix aus Französisch und Englisch. Fast schon ein bisschen Esperanto.

 

Schokolade in ein Englisch-Korsett zu zwängen, schein hierzulande in Mode gekommen zu sein.

So brachte es die Finanzdirektion des Kanton Zürich doch tatsächlich fertig, seinen MitarbeiterInnen zum Jahresende nebst weiteren Goodies, pardon, Leckereien, eine in kantonsblau gehüllte Tafel Milchschokolade zu schenken. Mit der ins Auge fallenden, etwa 45 Punkt grossen Aufschrift HAND MADE CHOCOLATE.

Dies wohlverstanden in einem staatlichen Betrieb, der bestimmt keine einzige Person beschäftigt, welche dem Deutsch nicht mächtig wäre. Ein klarer Fall für den Heimatschutz!

 

Kürzlich war ich zu einem runden Geburtstag eingeladen. Dort preichte es mich am Tisch neben ein Pärchen das Englisch miteinander sprach. Sie eine waschechte Zürcherin, er ein Englänger Typ old fashioned Gentleman. Wie sich herausstellte, beide seit 30 Jahren verheiratet, Eltern erwachsener Kinder und wohnhaft irgendwo am Zürichsee. Wer nun glaubt, wir hätten uns auf Deutsch verständigen können, irrt. Der gute Mann, Ingenieur von Beruf, war unserer Sprache nur sehr rudimentär mächtig. Ein Snob!

 

Es liegt in der Natur von uns DeutschschweizerInnen, dass wir uns ungefragt und reflexartig dem Gegenüber sprachlich anpassen. Das hat sich bei Leuten, die sich hier niederlassen wollen natürlich herumgesprochen. So ist es nicht verwunderlich, dass sich etliche gar nicht erst bemühen unsere Sprache zu erlernen, sondern unser Entgegenkommen, die Konversation in Englisch zu bestreiten, schamlos ausnutzen.

 

Womit ich wieder beim Thema bin.

Ich erachte es als falschen Anreiz, Nahrungsmittel den sprachlichen Gepflogenheiten solcher Menschengruppen anzupassen, wodurch wir nicht zuletzt wieder ein Stückchen eigene Identität verlieren, wie mit den MIGROS-Branches geschehen.


Titelbild: Spuren des Scheekamms eines Pistenfahzeugs auf der Wolzenalp (SG)






Blick zur Holzegg und Grossem Mythen (SZ)


Blick vom Etzel zu den Inseln Ufnau und Lützelau, Seedamm und Rapperswil


Alle Fotos unter Beitrag: Wintertag auf dem Etzel (SZ) im Februar 2018


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